Donnerstag, 24. Oktober 2013

Neue Serie im Westfalen-Blatt

Seit gestern gibt es im Wertheraner Lokalteil des Westfalen-Blattes eine neue Serie: Man will sich in loser Folge die markantesten Gebäude der Stadt vornehmen. 

Den Anfang macht das "Walbaumsche Haus" am Venghauss-Platz. Von der Familie Stute errichtet, wurde es später von der Familie Walbaum übernommen, die einige prominente Kaufleute hervorbrachte. Wenn ich mich nicht irre, dann kam der erste Walbaum, den es nach Werther verschlagen hat, aus Lübbecke. Die Walbaums waren eng mit den Heidsiecks verwandt, und wer dabei an Champagner denkt, der liegt goldrichtig.

Ich bin schon gespannt, wie die Serie weitergeht. Hoffentlich konzentriert sich das WB wirklich auch auf die geschichtlichen Hintergründe, anstatt "nur" Werbung für die heutigen Geschäfte zu machen. Letztere hat natürlich auch ihre Berechtigung, aber interessanter für mich sind doch die Jahrhunderte davor... alles eine Frage der Perspektive!

Freitag, 18. Oktober 2013

Ostwestfalen im Schlachtgetümmel?

Heute vor 200 Jahren tobte bei Leipzig die sog. Völkerschlacht. Über 600 000 Menschen versuchten, sich gegenseitig zu töten. Ein Sechstel der Soldaten wurde getötet oder zumindest verwundet. Es war die bis dahin größte Schlacht, die die Menschheit je gesehen hatte, und für die nächsten 100 Jahre würde sie es auch bleiben.
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Dass Preußen und seine Alliierten gewannen (kann es bei einer solchen Schlacht überhaupt einen Sieger geben?), war der Anfang vom Ende Napoleons, was auch Auswirkungen auf die Gegend hier hatte. Werther und Halle mussten nicht mehr als "geteilte" Städte (zwischen dem Königreich Westphalen einerseits und Frankreich andererseits) ihr Dasein fristen.

War vielleicht einer meiner Vorfahren im Schlachtgetümmel dabei? Es könnte gut sein. In Betracht kommen wohl hauptsächlich diejenigen, die zwischen 1780 und 1795 geboren sind, vielleicht auch ein oder zwei Jahre jünger. Und das sind in meinem Stammbaum eine ganze Menge. Außerdem stellt sich die Frage, für welche Seite sie dann gekämpft haben. Da habe ich wirklich noch einiges zu erforschen...

Was ich aber weiß ist, dass die Franzosenzeit große Auswirkungen auf meine Familie hatte, zum Beispiel auf die Fronemanns aus Hörste. Obwohl die beiden Brüder nicht weit voneinander entfernt im selben Dorf lebten, mussten sie erst eine Staatsgrenze überqueren, wenn sie sich gegenseitig besuchen wollten...

Aber die Geschichte werde ich mir für einen meiner nächsten Posts aufsparen....

Sonntag, 6. Oktober 2013

Familienforscher im Auswandererhaus

Ausflugszeit!

Am 3. Oktober begab sich ein Teil des AK Genealogie Steinhagen nach Bremerhaven, um sich einmal das "Deutsche Auswandererhaus" anzugucken. Viele von uns haben ja jemanden im Stammbaum, der irgendwann einmal seine Habseligkeiten zusammengepackt hat und den Weg über den großen Teich gewagt hat. Deshalb war es einfach mal an der Zeit, das Auswandererhaus in Angriff zu nehmen. 


Der "normale" Erwachsene zahlt 12,50 EUR Eintritt; wer fotografieren will, muss noch einmal 1,50 EUR dazurechnen. Achtung: Die Sonderausstellung zum Thema Australien ist in diesem Preis noch nicht enthalten. Wer sich dennoch spontan zum Besuch der Sonderausstellung entscheidet, kann aber problemlos an deren Eingang noch einmal nachzahlen.

Wir trafen uns also um 10.00 Uhr direkt vor dem Eingang, was auch soweit gut geklappt hat, obwohl wir alle selbst mit dem eigenen Auto angereist waren (von hier aus sind es knapp zweieinhalb Stunden).



Nach einer allgemeinen Einführung zum Thema Auswanderung öffnet sich der erste "richtige" Raum - eine Nachbildung des Hafens, von dem die Schiffe ablegten. Es ist halbdunkel, es ist laut. Überall stehen Personen und Gepäckstücke. Man hört verschiedene Sprachen im Getümmel. Bei den Personen muss man manchmal schon doppelt hingucken, wer denn nun lebendig ist und wer nicht. Die ausgestellten Figuren tragen Kleidung, wie es in den verschiedenen Epochen üblich war. Die Gepäckstücke enthalten eine Auflistung, was sie denn so beeinhalten: erschreckend wenig. Auswanderung mit drei Hosen, drei Hemden, einer langen Unterhose und Rasierzeug.

Einige der Figuren kann man zum "Sprechen" bringen, indem man die Chipkarte, die man an der Kasse bekommen hat, auf einen bestimmten Punkt legt. Ich hatte die Karte quasi die ganze Zeit über in der Hand, weil sich diese Funktion durch die ganze Ausstellung zieht.

Ich habe versucht, hier einige Fotos zu machen, aber da man nur ohne Blitz fotografieren darf, kann man sich vorstellen, dass die Fotos zu dunkel geworden sind, als dass man wirklich etwas darauf erkennen könnte. Mit Ausnahme dieses einen speziellen Hafenbewohners:


Weiter ging es durch den "Raum der sieben Millionen", in dem man - bei guter Beleuchtung- etwas über einzelne Auswanderer im Speziellen und die Gründe für die Auswanderung im allgemeinen erzährt.

Danach geht man dann "auf das Schiff", und zwar in die berüchtigte dritte Klasse. Das war neben der Hafenszene der Teil der Ausstellung, der mich persönlich am meisten beeindruckte. Gerade dann, wenn das Museum einigermaßen gut besucht ist, wird einem die Enge, in der die Passagiere vor sich hin vegetieren mussten, richtig gut vor Augen geführt. Das fängt bei den Schlafmöglichkeiten (von "Betten" will ich hier gar nicht erst reden) an, geht weiter über die Verpflegung (ich werde mich nie, nie wieder über Flugzeugessen beschweren) und endet bei den hygienischen und medizinischen Gegebenheiten. Es wundert mich, dass überhaupt jemand diesen Bazillenhaufen ohne Folgeschäden überstehen konnte, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Passagiere bei Sturm nicht an Deck durften.

Nachdem man die "Überfahrt" hinter sich gebracht hat, kommt man zur Einwanderung und folgt dem Weg der Einwanderer in der neuen Welt. Leider nimmt die Ausstellung von hier an qualitativ ab, aber das ist nur meine eigene Meinung. Für mich lag der Schwerpunkt darauf, zu sehen, wie "die Auswanderung" als solche ablief, welche Widrigkeiten die Menschen auf sich nahmen, um ein besseres Leben zu haben. Die Konzentration lag mir hier ein bisschen zu sehr auf New York, wie auch ein Nachbau der Grand Central Station zeigt.


Das Problem ist nur, dass ich das Original schon gesehen habe, wenn es auch schon einige Jahre her ist. Da kommt die Nachbildung dann natürlich nicht so ganz mit...

Ein zweiter, wesentlich kleinerer Teil der Ausstellung befasst sich mit der Einwanderung nach Deutschland. Nachgebaut ist eine deutsche Innenstadt aus dem Jahr 1973 - ausgerechnet mein Geburtsjahr! Ich könnte jetzt über die Kindheit in den Siebzigern schwelgen, über die typische Farbkombination von knalligem Orange, Grün und Braun, aber das lasse ich hier mal besser. Nur so viel: Vieles davon kam mir doch immer noch erschreckend bekannt vor.

Mein persönliches Fazit: Man kann im Auswandererhaus schon einen interessanten Morgen verbringen, wobei der erste Teil der Ausstellung der wesentlich interessantere ist. Als Einführung in das Thema ist das Auswandererhaus wirklich gut geeignet. Die Stärke liegt vor allem in der plastischen Darstellung des Abschieds und der Überfahrt!


Wenn man denn schon mal in Bremerhaven war, dann guckte man sich natürlich auch in der direkten Umgebung noch ein wenig um. Nur ein paar Meter entfernt vom Auswandererhaus steht das Klimahaus, das ich mir irgendwann mit Sicherheit auch noch einmal angucken werde, aber das Wetter war an diesem speziellen Tag einfach zu schön, als dass man die ganze Zeit unter Kunstlicht verbringen wollte.

Meine "Kleingruppe" entschied sich deshalb für eine Hafenrundfahrt, was sich als gute Entscheidung herausstellte. Bei einem Pott Kaffee wurde man bis auf ein paar winzige Meter an die "Pötte" herangefahren, die gerade im Hafen lagen. Spätestens da wurde mir klar, dass ich wieder im Hier und Jetzt angekommen war. Die Schiffahrt von heute mit ihrer absoluten Konzentration auf den Transport von Waren (einschließlich der Frage, wie man denn einen soooo riesigen Pott schnell be- und entladen kann) hat wohl nur noch wenig mit dem damaligen Geschehen im Hafen gemein.

Dass man im hohen Norden war, konnte man übrigens auch noch an der Auswahl der Getränke erkennen:


Auf den Grog haben wir dann doch verzichtet, aber ein kleiner Abstecher über den Deich und zum Willy-Brandt-Platz musste dann doch noch sein. Und wem wurde auf dem Willy-Brandt-Platz ein Denkmal gesetzt?


Den Auswanderern!

Vielleicht ein bisschen pathetisch ("guckt mal, Familie, da ist Amerika"), aber verdient. Der Tag hat mir doch deutlich gemacht, was Menschen alles auf sich nehmen, um sich und ihrer Familie ein "besseres" Leben zu erarbeiten. Und ich habe einen verdammt großen Respekt davor.

Die große Ironie sollte jedoch später noch folgen. Auf dem Rückweg hörten wir im Radio von der Tragödie der Flüchtlinge, deren Boot vor Lampedusa im Flammen aufgegangen war, mit der Folge, dass wahrscheinlich Hunderte Menschen auf ihrem Weg nach Italien ertrunken waren. Gerade diese Flüchtlingsproblematik ist ein Abbild der Auswanderungen derjeniger, die wir uns ein paar Stunden vorher noch im Museum angeguckt hatten. Nur, dass heute wir diejenigen sind, die schon in dem Land leben, in dem sich andere ein besseres Leben erträumen. 

Ich habe nie verstanden, wie man "nur" von "Wirtschaftsflüchtlingen" reden kann. Wenn jemand nicht weiß, wovon er seine Familie ernähren soll, dann kann man ihm wohl schlecht übel nehmen, wenn er an diesem Zustand etwas ändern will. 

So unglaublich viel hat sich in den letzten 200 Jahren wohl doch nicht geändert. 

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Mit vertrauteren Augen

Wenn ich mir die Kirchenbücher im allgemeinen und meine Familiengeschichte im speziellen so angucke, dann frage ich mich immer wieder, wie meine Vorfahren mit den ganzen Todesfällen klargekommen sind, ohne dabei den Verstand zu verlieren. Durch Kriege und vor allem auch Krankheiten wurden manche Generationen quasi halbiert. Wie kann man weitermachen, wenn einem innerhalb von fünf Tagen drei Kinder an der Ruhr wegsterben? 

In einer Biografie über die Familie Bronte (im Sinne von Emily Bronte, die mit der "Sturmhöhe" und den beiden Punkten über dem "e", die ich aber gerade nicht finde) habe ich eine interessante Formulierung gefunden:

"Der Tod war zu allen Zeiten ein schmerzlicher und erschütternder Einschnitt im Leben einer Familie. Die hohe Kindersterblichkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte vielleicht dazu, dass er, wenn nicht mit gleichgültigeren, so doch mit vertrauteren Augen betrachtet wurde als heute." (aus: Elsemarie Maletzke, "Das Leben der Brontes", S. 81)

Wenn einem etwas vertraut ist, dann kann man besser damit umgehen. Klingt logisch. Aber ob es dadurch einfacher wird, steht noch einmal auf einem anderen Blatt.